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Lange Zeit waren Frauen vom Hochschulstudium ausgeschlossen, bis die Universität Zürich 1866 nach der Universität Sorbonne in Paris als eine der ersten Hochschulen in Europa Frauen zum Studium zuließ. Schon vorher durften Frauen an der Universität Zürich als Hörerinnen den Veranstaltungen beiwohnen, aber erst 1866 konnte sich eine Frau immatrikulieren. Die Russin Nadeschda Prokofjewna Suslowa hatte bereits in Petersburg medizinische Vorlesungen besucht. In Zürich promovierte sie 1867 als erste Frau im deutschsprachigen Raum und legte im folgenden Jahr in Russland als erste Frau das russische Staatsexamen ab.
Damals war dies eine wegweisende Entscheidung, die den Weg für die Bildung von Frauen in der Schweiz ebnete. Nur kurz später immatrikulierte sich Marie Vögtlin als erste Schweizerin an der medizinischen Fakultät der Universität Zürich. 1873 legte sie das Staatsexamen ab, 1874 folgte die Promotion. Gemeinsam mit der Gynäkologin Anna Heer gründete Marie Heim-Vögtlin die Zürcher Pflegerinnenschule und ebnete damit weiteren Frauen den Weg für eine Karriere im Gesundheitswesen.
Marie Heim-Vögtlin arbeitete trotz ihrer Kinder weiter als Gynäkologin. Damit gab sie ein leuchtendes Beispiel dafür, dass Familie und Beruf sich nicht ausschlossen. Die Kritiker des Frauenstudiums bezogen sich nämlich auf die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf und befürchteten den Untergang der bürgerlichen Familie.. Heim-Vögtlin gelang aber der Spagat, darüber hinaus unterstützte sie mehrere Organisationen sowie den Kampf für das Frauenstimmrecht. Als bürgerliche Frau mit entsprechendem Arbeitsethos wurde sie allerdings später im 20. Jahrhundert von der Frauenbewegung kritisch betrachtet, jedoch darf gerade in ihrem bürgerlichen Status eine wesentliche stärke ihres Kampres um die gesellschaftliche Rolle der Frau gesehen werden. Ausserdem gehört Heim-Vögtlin als erste Schweizer Studentin gemeinsam mit den russischen Studentinnen, welche die liberale Ordnung in Zürich für sich nutzten und dort Medizin studierten, zu den Vorreiterinnen der europäischen Emanzipationsgeschichte.
Seit 2009 verleiht der Schweizerische Nationalfonds den Marie-Heim-Vögtlin-Preis für hervorragende Nachwuchsforscherinnen.